Afghanistan: Rekordzahlen an zivilen Opfern

Im Jahr 2018 wurden in Afghanistan 3804 Zivilistinnen und Zivilisten bei Konflikten getötet, 7189 wurden verletzt – das ist die höchste Zahl an zivilen Opfern, seit es systematische Zählungen gibt. Dies geht aus dem neuesten Bericht der UN-Mission UNAMA hervor, der vor kurzem veröffentlicht wurde (Ganzer Bericht)

Im Durchschnitt wurden somit täglich  mehr als zehn Zivilisten getötet und fast 20 verletzt. Fast ein Viertel der getöteten Zivilisten waren Kinder.
Die Zahl der getöteten Angehörigen von Armee und Polizei lag nach letzten öffentlichen Zahlen 2016 etwa doppelt so hoch und hat seither deutlich zugenommen, auch wenn die Verlustrate inzwischen nicht mehr veröffentlich wird.

In den vergangenen zehn Jahren seien damit insgesamt über 32.000 Zivilistinnen und Zivilisten getötet und rund 60.000 verletzt worden. Für 37 Prozent der zivilen Opfer macht der UN-Bericht die radikalislamischen Taliban verantwortlich, für ein Fünftel die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). 24 Prozent der zivilen Opfer gehen auf Regierungstruppen und ihre Verbündeten zurück.
(via Thomas Ruttigs Blog Afghanistan Zhaghdablai)

Umso zynischer mutet es an, wenn jetzt die österreichischen Asylbehörden verstärkt die Aberkennung von Schutztiteln in die Wege leiten, weil ja im Herkunftsland keine Gefährdung mehr bestehe.

Abschiebungen nach Afghanistan: Neuer Bericht

Ein neuer Bericht von Amnesty International kritisiert, dass aus Europa immer mehr Menschen nach Afghanistan zurückgeschoben werden – und das zu einer Zeit, in der die Zahl der zivilen Opfer laut der UNO einen Höchststand erreicht hat. Allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2017 dokumentierte die UNAMA bereits 5.243 zivile Opfer.

Der aktuelle Amnesty-Bericht dokumentiert die Schicksale von Afghan*innen, die aus Norwegen, den Niederlanden, Schweden und Deutschland in ihre Heimat abgeschoben wurden. Dort wurden sie bei Bombenangriffen getötet oder verletzt beziehungsweise leben in ständiger Angst vor Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrem Übertritt zum Christentum.

Unter den aus Europa abgeschobenen Afghan*innen sind unbegleitete Kinder und junge Erwachsene, die noch als Kinder nach Europa kamen. Manche der Menschen, die von Amnesty International für diesen Bericht befragt wurden, gaben an, in Gebiete Afghanistans geschickt worden zu sein, die sie zuvor überhaupt nicht kannten – trotz der gefährlichen Lage und dem Umstand, dass Folter strafrechtlich nicht verfolgt wird.

„Diese Abschiebepraxis ist völkerrechtswidrig und muss sofort beendet werden. Dieselben europäischen Staaten, die einst vorgaben, Afghan*innen eine bessere Zukunft bieten zu wollen, zerstören nun ihre Hoffnungen und überlassen sie einem Land, das seit ihrer Flucht noch gefährlicher geworden ist“, sagt Horia Mosadiq, Afghanistan-Expertin bei Amnesty International.

Der Bericht im Original (Englisch): Ganzer Bericht (pdf 1,4 MB) – Kurzfassung (pdf, 608 kB)

Quelle: Amnesty International Österreich